„In der Kunst gibt es keine Behinderung“
- Jahresempfang stellte das Thema „Kunst ist Inklusion“ in den Mittelpunkt
- Über 120 Gäste folgten der Einladung in die Werkstatt in der Freiburger Straße
Heidelberg, 28.03.2018. „Es gibt gar keine Behinderung beim Herstellen und Betrachten von Kunst“. Mit dieser prägnanten Aussage brachte Stephan Kayser auf den Punkt, was die Mitarbeit im Bereich lebensKUNST der Lebenshilfe Heidelberg für ihn ausmacht. Im Gespräch mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Theo Klauß erklärte er auf dem diesjährigen Lebenshilfe-Jahresempfang anschaulich, was Kunst nicht nur für ihn, sondern auch für andere Menschen mit einer Behinderung und alle Menschen bedeutet: die Freude darüber, Gefühle, Stimmungen und Eindrücke von der Welt auf Papier zu bringen und gemeinsam mit anderen Vielfalt und Dialog zu erleben.
Unter dem Namen lebensKUNST stehen bei der Lebenshilfe Heidelberg künstlerische Aktivitäten schon seit vielen Jahren hoch im Kurs. Diese wurden nun auf dem Jahresempfang der Lebenshilfe Heidelberg und der Stiftung Lebenshilfe Heidelberg vorgestellt. Über 120 Gäste, darunter neben Selbstvertretern, Eltern, Angehörigen und Mitarbeitenden auch eine Vielzahl an Partnern aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft, waren der Einladung in die Heidelberger Werkstätten gefolgt, um sich anhand des bunten Programms des Abends ein eigenes Bild davon zu machen, warum das kreative Schaffen gerade für Menschen mit Behinderung so wichtig ist.
Vielfältige gesellschaftliche Partner unabdingbar
Nach einführenden Worten von Thomas Diehl, dem Vorstand der Lebenshilfe Heidelberg, stellte Manfred Gaul als Sprecher des Kuratoriums das Wirken der Stiftung Lebenshilfe Heidelberg vor, welches es neben vielen anderen Projekten auch ermöglicht, einen Teil der Kunstaktivitäten für die Menschen mit Behinderung zu finanzieren. Neben der Malgruppe, deren farbenfrohe Werke auf dem Empfang ausgestellt wurden, gehören hierzu auch das künstlerische Schaffen in den Kindergärten Pusteblume, die Nähgruppe lebensART und die Theatergruppe der Heidelberger Werkstätten. „Alles, was wir auf dem Gebiet Kunst machen, organisieren wir zusätzlich zu unserem Tagesgeschäft. Wir sind daher auch immer auf Spenden und vielfältige Partner aus der Gesellschaft angewiesen“, so Thomas Diehl.
Mit zwei Performance-Einlagen zeigten Mitglieder der Theatergruppe auf der Veranstaltung, was sie können und wie spannend es sein kann, sich auch ohne viele Worte auszudrücken. Ganz in schwarz gekleidet und mit weißen, selbst hergestellten Masken, verbildlichten sie das Thema „Begegnung“ und sorgten für einige Aha-Effekte im Publikum. Wie vielfältig der künstlerische Ausdruck bei der Lebenshilfe sein kann, bewies auch Johannes Schrenk, der – tagsüber in der Werkstatt im Küchenbereich beschäftigt – die Veranstaltung mit seinem fröhlichen Drehorgelspiel stimmungsvoll untermalte.
Behinderung als Quelle künstlerischen Schaffens
Der als Sprecher eingeladene, aber leider kurzfristig erkrankte Dr. Peter Radtke wandte sich mit einer Videobotschaft an die Gäste. Seine Kernbotschaft konnte aber auch aus der Ferne ihr Publikum erreichen. Stellvertretend für den Münchner Schauspieler und Autor hielt Prof. Theo Klauß dessen Vortrag „Die ungehörte Symphonie“. Unterlegt mit Bildern, Tonbeispielen und Texten bot dieser einen eindrucksvollen Überblick darüber, wie Behinderung das künstlerische Schaffen berühmter Maler, Komponisten und Dichter nicht nur geprägt, sondern teilweise überhaupt erst ermöglicht hat. Von Beethoven, Smetana und Francisco de Goya, die im Laufe ihres Lebens ertaubten, über die erblindeten Maler Monet und Degas bis hin zum Django Reinhardt, der nach schweren Verbrennungen an der linken Hand eine ganz eigene Spieltechnik entwickelte und zur Schlüsselfigur für den europäischen Jazz wurde – was alle diese Künstler gemein haben, ist das Bewusstsein, aufgrund ihrer Behinderung anders zu sein, nicht oder nicht mehr zur breiten Masse zu gehören, und die daraus folgende Suche nach einer adäquaten Ausdrucksform.
Kunst ermöglicht Teilhabe
Anders als in vergangenen Jahrhunderten ist das Recht darauf, sich unabhängig von einer Behinderung künstlerisch auszudrücken und das eigene kreative Potenzial zu entfalten, heute explizit in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert, deren Inkrafttreten in Deutschland am 26. März 2009 Lebenshilfe Heidelberg mit ihrem jährlichen Empfang in den Mittelpunkt stellt. „Es freut uns sehr, dass wir uns heute mit den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Akteuren darüber austauschen können, wie dies noch besser gelingen kann“, betonte Lebenshilfe-Vorstand Thomas Diehl auf der Veranstaltung. „Denn gerade die Kunst ermöglicht auch Menschen mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung eine Teilhabe am gesellschaftlichen Geschehen, die ihnen sonst oft verwehrt bleiben würde“. Oder, wie es Stephan Kayser aus seiner eigenen Sicht als Künstler eindringlich zusammenfasste: „Die Kunst ist für alle Menschen wichtig. Denn ohne sie gäbe es keine Buntheit, sondern nur noch die Farbe schwarz. Und das wäre für uns alle sehr traurig.“
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