„Man kann unglaublich viel lernen von den Menschen“
„Man kann unglaublich viel lernen von den Menschen“: Mit diesen Worten fasst Helen Walser den schönsten Aspekt ihrer Tätigkeit im Wohnverbund der Lebenshilfe Heidelberg zusammen. Die 21-Jährige absolviert derzeit im zweiten Jahr eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin.
Eingesetzt auf der Wohngruppe 5 im Wohnhaus in der Freiburger Straße in Heidelberg, unterstützt sie die acht Bewohnerinnen und Bewohner der Gruppe, die Hälfte davon in der Werkstatt tätig und die andere bereits im Ruhestand, in allen Lebenslagen. Die Idee, den Berufsweg zur Heilerziehungspflegerin einzuschlagen verfestigte sich bei ihr im Rahmen eines Freiwilligendienstes in Frankreich, als sie in einem Projekt in einer Dorfgemeinschaft zum ersten Mal mit Menschen mit Behinderung zusammenarbeitete. Nach einer weiteren Station am Bodensee, wo sie ihr erstes Lehrjahr absolvierte, kam sie im vergangenen September zur Lebenshilfe Heidelberg.
Weitreichende Einblicke und gelebte Inklusion
Ihre Motivation für den Wechsel nach Heidelberg? „Neben privaten Gründen gefällt es mir vor allem sehr gut, dass die Arbeit im Wohnhaus mehr auf Inklusion ausgerichtet ist, alleine schon, da dieses mitten in der Stadt ist. Zudem finde ich es toll, dass ein sehr intensiver Kontakt mit den Angehörigen gepflegt wird, und dass ich durch die Größe der Organisation mehr Austausch mit Kolleginnen und Kollegen habe, wir ein richtiges Team sind, und auch viele Prozesse strukturierter ablaufen. So habe ich beispielsweise auch die Gelegenheit, Neues in der medizinischen Fürsorge zu lernen und viele detaillierte Einblicke in administrative Prozesse zu bekommen, etwa in die Bedarfsermittlung der Fachleistungsstunden pro Bewohner, die ich auch schon begleiten durfte.“
Wie bei vielen jungen Menschen, die sich heute für einen sozialen Beruf entscheiden, war auch bei Helen Walser das Umfeld zum Teil skeptisch. „Neben Bedenken bezüglich der in anderen Bereichen bestimmt besseren Verdienstmöglichkeiten, bin ich auch oft auf großes Unwissen gestoßen, was ein Heilerziehungspfleger überhaupt macht“, berichtet sie. „Viele denken, man spiele den ganzen Tag Mensch-ärgere-dich-nicht, und haben gar keine Vorstellung davon, wie umfangreich, professionell vielseitig und auch schlichtweg schön die Tätigkeit in vielerlei Hinsicht ist.“
Arbeit auf Augenhöhe
Insbesondere im Wohnbereich gibt es sehr viele Möglichkeiten, sich mit eigenen Ideen einzubringen, die wirklich einen Unterschied machen für die Bewohnerinnen und Bewohner. Schließlich teilt man alle Aspekte des Lebens mit ihnen und bekommt so in der Ausbildung einen sehr breiten Überblick über alle Facetten der Arbeit mit Menschen mit einer Behinderung. „Was ich zudem ganz toll finde, ist, dass ich dabei nur selten das Gefühl habe, dass eine Art von Machtgefälle besteht. Auch das ist in der Arbeitswelt natürlich eine Besonderheit. Alles findet auf Augenhöhe statt – sowohl mit den Bewohnerinnen und Bewohnern als auch im Kollegenkreis. Es wurde mir auch immer Mut gemacht, Neues auszuprobieren und eigene Vorschläge werden sehr begrüßt“, freut sich die Auszubildende.
Gearbeitet wird in der Wohngruppe im Schichtmodell, wobei bei Auszubildenden die Schichten immer doppelt besetzt sein dürfen. „Ich hatte also die Wahl, wann ich mir zum ersten Mal eine Schicht alleine zugetraut habe“. Natürlich gab es auch schon ab und an einmal eine kniffelige Entscheidungssituation, etwa, was die Gabe von Medikamenten oder andere Begebenheiten angeht, die aus dem Alltag fallen, berichtet Helen Walser. „Da ich mich aber immer so gut unterstützt gefühlt habe, und auch darüber informiert war, wo ich im Zweifelsfall nachfragen kann, habe ich mich auch schnell getraut, die Verantwortung alleine zu übernehmen.“
Weiterführende Perspektiven
Gab es denn auch schon einmal grundlegende Zweifel am eingeschlagenen Berufsweg? „Nein, an dem Beruf an sich habe ich keine Zweifel. Eher steht mir manchmal der eigene Perfektionismus im Weg. Aber auch das ist ein Lernprozess, der zur Ausbildung dazu gehört, wenn man mit Menschen arbeitet.“
Nach ihrer Ausbildung möchte Helen Walser noch ein Studium aufsatteln. Hierbei kann sie sich sowohl ein Studium im Bereich Soziale Arbeit als auch der Heilpädagogik vorstellen. „Sehr gut ist, dass man dabei auch Elemente aus der Ausbildung anerkannt bekommt“, erklärt die Auszubildende. Während der Ausbildung besteht zudem die Möglichkeit, sowohl ein Pflegepraktikum als auch ein Sozialpraktikum zu absolvieren, entweder in einem anderen Bereich der Lebenshilfe Heidelberg oder auch in extern bei einer anderen Organisation.
„Das Allerschönste an meiner Ausbildung ist aber, dass ich im Grunde genommen meist gar nicht das Gefühl habe, zur Arbeit zu gehen. Vielmehr ist es so, dass ich mich jeden Tag aufs Neue freue, die Bewohnerinnen und Bewohner zu sehen. Und wenn dieses Gewühl erwidert wird, sind das die Momente, die mich einfach glücklich machen, und die den Beruf so besonders für mich machen.“
Interessentinnen und Interessenten gerne willkommen
Alle Informationen zum Beruf der Heilerziehungspflegerin bzw. des Heilerziehungspflegers gibt es auch im neuen Berufe-Portal der Bundesvereinigung Lebenshilfe unter diesem Link.
„Und selbstverständlich stehen wir auch allen Interessentinnen und Interessenten immer für persönliche Gespräche zur Verfügung und bieten auch gerne Hospitationen an, um in unseren Alltag hineinzuschnuppern, und um herauszufinden, ob der Beruf passen würde“, so Frauke Weidhase, Leiterin des Wohnhauses in der Freiburger Straße.
Wer hieran Interesse hat, kann dem Wohnverbund der Lebenshilfe Heidelberg gerne eine E-Mail schreiben unter wohnverbund(at)lebenshilfe-heidelberg.de oder sich unter Telefon 06221 34 16 - 0 persönlich melden.